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Es gibt noch viel Platz in Darmstadt Kranichstein – September 2004
Gruppenarbeit im Innenhof – April 2004
Einzugsfest im Innenhof – Mai 2004
WohnSinn-2 lädt WohnSinn-1 zum Grillen ein,
August 2004
Der kleine Cosimo wird von Christa zum Spaziergang abgeholt, die Mutter ist alleinerziehend, Christa gehbehindert.
WohnSinn-2 informiert – Mai 2004
Alle helfen mit – Eigenleistungen reduzieren die Baukosten – März 2004
Straßenbahnhaltestelle gegenüber von
WohnSinn – September 2004
Eine Idee zieht Kreise
WohnSinn-1 und WohnSinn-2:
„Modelle genossenschaftlichen Wohnens“
Inhaltsverzeichnis
1 Die Bau- und Wohngenossenschaft
WohnSinn e.G.
- 1.1 Gründung, Rechtsform und Mitglieder
- 1.2 Vorstand
- 1.3 Ziele der Genossenschaft WohnSinn e.G.
- 1.4 Das erste umgesetzte Projekt: WohnSinn-1
- 1.4.1 Nachbarschaftskonzept „Jung und Alt“
- 1.4.2 Baulicher Rahmen für aktive Nachbarschaft
und Altern in Selbstständigkeit - 1.4.3 Selbstverwaltung und Demokratie
- 1.4.4 Mischung von Sozialmiete und an die Genossenschaft
gebundenes wirtschaftliches Eigentum - 1.4.5 Finanzierung
2 Die Initiativgruppe WohnSinn-2
- 2.1 Entstehung
- 2.2 Beschreibung des Vorhabens
- 2.2.1 Das Gebäude
- 2.2.2 Selbstverwaltung und Nachbarschaft
- 2.3 Ziele des Vorhabens
- 2.4 Zielgruppe des Vorhabens
- 2.5 Organisationsformen
- 2.6 Innovationen
- 2.7 Entwicklungsschritte
- 2.8 Kosten und Finanzierung
3 Weitere Perspektive:
Quartiersentwicklung in Kooperation mit
der Stadt Darmstadt
1 Die Bau- und Wohngenossenschaft WohnSinn e.G.
1.1 Gründung, Rechtsform und Mitglieder
Die Bau- und Wohngenossenschaft eG wurde 1998 gegründet mit dem Ziel, Wohnprojekte umzusetzen, die soziale und ökologische Zielsetzungen miteinander verbinden. Am 6.6.2000 wurde sie beim Amtsgericht Darmstadt in das Handelsregister unter der Nr. GnR 280 eingetragen.
Vorgänger der Genossenschaft war der 1992 gegründete Verein „Förderverein Gemeinsames Wohnen Jung und Alt e.V.“. Die Entscheidung für die Gründung einer Genossenschaft fiel, als die Umsetzungsphase für das erste Bauprojekt begann. Diese Rechtsform gewährleistet ein hohes Maß an rechtlicher und finanzieller Sicherheit für die beteiligten Mitglieder und bietet gleichzeitig die Freiheit, Grundsätze und Ziele des Zusammenlebens in der Satzung zu verankern. Unabhängig von seinem Kapitaleinsatz hat jedes Mitglied das gleiche Stimmrecht, und im Vordergrund steht die gemeinsame und gleichberechtigte Nutzung des Projekts.
Derzeit hat die Genossenschaft 75 Mitglieder. 16 Anträge auf Mitgliedschaft liegen vor. WohnSinn eG ist Mitglied im Prüfungsverband der Sozial- und Wirtschaftsgenossenschaften e.V. Berlin.
1.2 Vorstand
Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft sind ehrenamtlich besetzt. Sie werden von der Generalversammlung alle drei Jahre gewählt. Für den Vorstand ist die Wiederwahl nur dreimal in unmittelbarer Folge möglich.
Vorstand und Aufsichtsrat sind zuständig für die Außenvertretung, die Außenbeziehungen und die rechtlichen Grundlagen der Projekte. Die Koordination der hausinternen Aufgaben wird von einem von allen BewohnerInnen gewählten Bewohnerrat wahrgenommen.
Der derzeitige Vorstand besteht aus fünf Personen:< br/> Birgit Diesing, Christoph Jetter, Bernd Müller, Kornelia Müller, Willi Wagner
1.3 Ziele der Genossenschaft WohnSinn e.G.
Satzungsgemäß fördert die Genossenschaft gemeinschaftliches Wohnen in dauerhaft gesicherten Verhältnissen und versteht sich als Dach über sich weitgehend selbstverwaltenden Hausgemeinschaften. Der besondere Schwerpunkt liegt auf der Förderung generationenübergreifenden Zusammenlebens mit gegenseitiger Hilfe und der sozial gemischten Zusammensetzung der BewohnerInnen.
Insbesondere soll Nachbarschaftshilfe und behindertengerechte Bauweise ein möglichst langes eigenständiges Wohnen im Alter, bei Behinderung und im Krankheitsfall ermöglichen.
Die gewünschte Integration einkommensschwacher Haushalte erfordert kostengünstige Bauweise, Kreativität bei der Akquisition zinsgünstiger Darlehen und die Integration öffentlich geförderter Wohnungen.
Weiterhin verpflichtet sich die Genossenschaft zum ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Bauen, um den Verbrauch von Flächen, Energie und sonstigen Ressourcen zu verringern. Sie schafft Anreize zur Verminderung der Kfz-Nutzung.
1.4 Das erste umgesetzte Projekt: WohnSinn-1
Im Laufe des Jahres 2003 wurde das erste WohnSinn-Gebäude im Neubaugebiet K6 in Darmstadt-Kranichstein fertiggestellt und bezogen. Es handelt sich um ein U- förmiges, dreigeschossiges Passivhaus mit 39 Wohnungen. 13 davon sind preisgebundene Mietwohnungen im ersten Förderweg und 26 Wohnungen im eigentumsähnlichen Dauerwohnrecht nach WEG. Leider gelang es im ersten Projekt nicht, auch nicht geförderte Mietwohnungen zu realisieren.
1.4.1 Nachbarschaftskonzept „Jung und Alt“
Heute besteht die Hausgemeinschaft von WohnSinn-1 aus 83 Personen im Alter zwischen wenigen Monaten und Anfang siebzig. Sie umfasst Menschen in verschiedenen Lebenslagen, um einen Austausch der je unterschiedlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu ermöglichen. Haushalte mit Kindern (darunter drei alleinerziehende Mütter) erfahren Erleichterungen beim Spagat zwischen Berufstätigkeit und Haushalt, während ältere Menschen und Behinderte (vier Rollstuhlfahrer, zwei Gehbehinderte, ein Sehbehinderter) auf die kleinen Hilfeleistungen im Alltag bauen, die sie für ein eigenständiges Wohnen benötigen. Gegenseitige Unterstützung und die gemeinsame Verwaltung von Haus, Hof und Gemeinschaftsräumen schaffen zudem Betätigungsfelder, in die sich die BewohnerInnen einbringen können und Kontaktmöglichkeiten finden.
Natürlich soll die Nachbarschaft Familie und Freunde nicht ersetzen sondern nur ergänzen. Aber vor dem Hintergrund einer hohen räumlichen Mobilität, individualisierter Zeitrhythmen und Lebensstile sowie einer länger werdenden Altersphase mit hohen Ansprüchen an eine souveräne Lebensgestaltung werden Wahlverwandtschaften und selbstgewählte gemeinschaftliche Zusammenhänge in Zukunft noch an Gewicht gewinnen.
1.4.2 Baulicher Rahmen für aktive Nachbarschaft und Altern in Selbständigkeit
Ein großer Innenhof, eine Gemeinschaftsdachterrasse und verschiedene Gemeinschaftsräume wie Kinder-Kreativraum, Werkstatt, Multifunktionsraum mit Küche und Wintergarten, zwei Gästezimmer. ein Gästeappartement und ein behindertengerechtes Pflegebad werden gemeinschaftlich genutzt. Die Erschließung der Wohnungen über Laubengänge fördert die „zufällige“ und zwanglose Begegnung der BewohnerInnen.
Zur Verbesserung der Bedingungen für Menschen mit körperlichen Einschränkungen sind alle Wohnungen und Räume über Fahrstühle, Rampen und automatisch öffnende Außen- und Verbindungstüren auch mit dem Rollstuhl erreichbar.
1.4.3 Selbstverwaltung und Demokratie
Die in der Hausgemeinschaft anfallenden Pflege-, Erhaltungs- und Verwaltungsarbeiten werden ehrenamtlich von Arbeitsgruppen der BewohnerInnen organisiert und wenn möglich von ihnen selbst wahrgenommen.
Die Entscheidungen über die Gestaltung des Wohnumfeldes und die Regeln des Zusammenlebens werden gemeinsam im monatlich stattfindenden Bewohnerplenum getroffen. Spontane Anregungen und Klagen der BewohnerInnen können in einem „Motzkasten“ hinterlegt werden.
1.4.4 Sozialmiete und an die Genossenschaft gebundenes wirtschaftliches Eigentum
Die 39 im Projekt WohnSinn-1 realisierten Wohnungen sind zwischen 54 und 140 qm groß. 13 Wohnungen sind öffentlich geförderte Mietwohnungen mit einer Kaltmiete von 4,58 EUR pro qm.
Die übrigen 26 Wohnungen sind Wohnungen im Dauerwohnrecht nach WEG. Sie mußten von den Erwerbern selbst finanziert werden. Das Dauerwohnrecht kann vererbt oder zum Marktpreis verkauft werden. Jedoch bleibt die Genossenschaft immer juristische Eigentümerin, d.h. die Erben oder Käufer müssen Mitglied der Genossenschaft werden und sind damit an die Satzung gebunden.
Leider gelang es nicht – wie ursprünglich geplant – auch ungeförderte Mietwohnungen durch die Genossenschaft zu realisieren. Lediglich drei Erwerber von Dauerwohnrechten nehmen dieses z.Zt. noch nicht wahr, sondern haben ihre Wohnungen frei an andere Genossenschaftsmitglieder vermietet.
Alle Mieter und Erwerber von Dauerwohnrecht haben im Bewohnerplenum.die gleiche Stimme.
1.4.5 Finanzierung
Das Grundstück wurde von der Stadt Darmstadt in Erbpacht vergeben. Die Erstellungskosten der Wohnungen betrugen je nach Größe zwischen 1.600 und 1.800 EUR pro qm. In diesen Kosten sind auch die Kosten für die Gemeinschaftsflächen enthalten.
Die Mietwohnungen wurden zu 85% durch zinslose Kredite der öffentlichen Hand (Stadt Darmstadt und Land Hessen) finanziert. Die restlichen 15% wurden durch zinsgünstige Kredite privater Förderer, die Genossenschaftspflichteinlagen, einen KfW/CO2-Kredit und einen durch eine private Bürgengemeinschaft abgesicherten Kredit bei der GLS-Bank aufgebracht.
Die Erwerber der Dauerwohnrechte nach WEG konnten die üblichen Wohnungsbaufördermittel wie KfW/CO2-Kredite, Eigenheimzulage u.a. in Anspruch nehmen.
Um die hohen Bankzinsen für die Bauzwischenfinanzierung zu umgehen, wurde diese über private Kreditgeber zu günstigen Konditionen sichergestellt.
2 Die Initiativgruppe WohnSinn-2
2.1. Entstehung
Bereits während der Entstehung des WohnSinn-1 Gebäudes wurde deutlich, dass der in Darmstadt und Umgebung bestehende Bedarf an Wohnungen mit Nachbarschaftshilfe-Konzept bei weitem nicht gedeckt werden konnte. Insbesondere wurden Menschen ohne nennenswertes Vermögen aber mit Einkommen über den Einkommensgrenzen des Sozialen Wohnungsbaus weitestgehend aus dem Projekt ausgeschlossen, da es der Genossenschaft nicht gelungen war, ein Finanzierungskonzept für bezahlbare Mietwohnungen ohne öffentliche Förderung aufzustellen.
Aus dem Kreise der Mieter des WohnSinn-1-Projekts, die z.T. nur einen befristeten Mietvertrag haben, entstand daher die Initiative für ein zweites Projekt, in das neben Wohnungen im Dauerwohnrecht nach WEG und Sozialmietwohnungen auch bezahlbare nicht geförderte Mietwohnungen integriert werden sollen. Die Ende 2003 entstandene Gruppe lehnte ihr Konzept ansonsten eng an das Vorbild des WohnSinn-1-Projekts an und fand schnell Zulauf.
Die Bereitschaft der Genossenschaft, die Trägerschaft für das Projekt zu übernehmen, trug entscheidend zur Konsolidierung der Gruppe bei, da die Hürden einer Unternehmensgründung entfallen und auf die Erfahrungen mit dem ersten Bau zurückgegriffen werden kann.
Zur Zeit besteht die Gruppe aus 32 Haushalten, die Bedarf für ca. 2.400 qm Wohnraum angemeldet haben. Darunter sind 5 Behinderte, 13 Kinder, 5 Alleinerziehende und 14 Menschen über 55. Etwa die Hälfte der Haushalte strebt den Erwerb eines Dauerwohnrechts an, 5 Haushalte eine Sozialmietwohnung und 11 Haushalte eine frei finanzierte Mietwohnung. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Gruppenbildungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Bei fast jedem Gruppentreffen finden sich weitere Interessenten ein. Die genannten Zahlen können daher nur den Status Quo wiedergeben.
2.2 Beschreibung des Vorhabens
2.2.1 Das Gebäude
Bau
Geschosswohnungsbau in Passivhausbauweise zwei Riegel in Verlängerung des
bereits bestehenden U-förmigen Gebäudes 2 bzw. 3 Geschosse mit jeweils einem
Staffelgeschoss
Wohnfläche
ca. 2.700 qm, davon 10% für Gemeinschaftsflächen
Grundstück
ca. 3.200 qm, Erbpachtvertrag mit der Stadt Darmstadt
Wohnungen
ca. 30 Wohnungen zwischen 45 und 150 qm für Alleinlebende und Mehr-Personen-
Haushalte
Wohnungsarten
10 Wohnungen im Dauerwohnrecht, 10 frei finanzierte Mietwohnungen, 10
Sozialmietwohnungen. Ein Teil der Wohnungen wird behindertengerecht, der
Rest barrierefrei ausgeführt werden.
2.2.2 Selbstverwaltung und Nachbarschaft
Das Wohnumfeld soll ein Tätigkeitsbereich und ein soziales Netz zwischen den formalisierten gesellschaftlichen Beziehungen (Markt, Staat) und dem privaten Bereich (Familie, Freundschaften) darstellen. Gegenseitige Hilfe im Alltag – bei der Kinderbetreuung, bei Krankheit, im Alter – hat Toleranz und Vertrauen zur Grundlage. Damit diese wachsen können, braucht es Anlass, Aufgaben und Konflikte gemeinsam zu bewältigen und Erfahrungen miteinander zu sammeln. Die Planung und Gestaltung der gemeinschaftlich genutzten Flächen und Räume, die Hauserhaltung und Teile der Hausverwaltung sollen deshalb von den BewohnerInnen in Selbstorganisation bewältigt werden. Jeder soll ein gewisses Maß an Engagement und Zeit in die Hausgemeinschaft einbringen.
Sollte die Unterstützung, soweit sie für Ältere und Behinderte im Alltag zu ihrer Selbständigkeit nötig ist, bei Bedarf nicht spontan entstehen oder die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Hausgemeinschaft übersteigen, so verpflichtet sie sich jedenfalls zur Organisation von Hilfe gegebenenfalls auch von außen über ihre Selbstverwaltungsorgane.
2.3 Ziele des Vorhabens
- Schaffung von kostengünstigem Mietwohnraum und von Möglichkeiten zum kostengünstigen Erwerb von Wohneigentum durch kostengünstige Bauweise und Energiesparbauweise
- langfristige Sicherung des Wohnrechts auch für Mietwohnungen durch genossenschaftliches Eigentum
- Sicherung des Mietpreises durch Bezug auf die Kosten und nicht auf die Märkte
- generationenübergreifende und soziale Mischung der Bewohnergemeinschaft
- Einbeziehung von Behinderten durch Nachbarschaftshilfe und Bauweise
- gemeinsame Einrichtungen und Aktivitäten der Bewohnergemeinschaft
- niedrige Nebenkosten durch ehrenamtliches Engagement der Bewohnergemeinschaft bei der Hauserhaltung und -verwaltung
- niedrige Nebenkosten durch Passivhausbauweise und Solarstrom
- Verkehrsberuhigung und Verringerung der Stellplatzkosten durch die Organisation von Car-Sharing
2.4 Zielgruppe des Vorhabens
- Menschen aus mittleren und unteren Einkommensschichten, die an solidarischen Nachbarschaftsnetzen interessiert und bereit sind, sich darin zu engagieren
- Behinderte, die mit kleiner Unterstützung im Alltag ein selbstbestimmtes Leben führen möchten und bereit sind, sich nach ihren Fähigkeiten in die Gemeinschaft einzubringen
- Menschen, die an der Erleichterung selbstbestimmten Alterns interessiert sind und bereit sind, sich nach ihren Fähigkeiten in eine Hausgemeinschaft einzubringen.
2.5 Organisationsformen
Die Wohnungsinitiative WohnSinn-2 trifft sich regelmäßig zweiwöchentlich und erarbeitet die Grundlinien des Projekts. Teilaufgaben werden an Arbeitsgruppen delegiert und in der Gruppe abgestimmt. Die Gruppe arbeitet nach selbst erarbeiteten Regeln, in denen z.B. das Stimmrecht geregelt ist.
Ein fünfköpfiger von den stimmberechtigten Mitgliedern der Gruppe gewählter Sprecherrat koordiniert die Zusammenarbeit mit dem Vorstand der Genossenschaft.
Bauträger für das geplante Gebäude wird die Genossenschaft sein. Da es baulich an das erste Projekt der Genossenschaft anschließen wird, bietet sich ein Austausch der Bewohnergemeinschaften bei der Nutzung der Gemeinschaftsräume an.
2.6 Innovationen
- Nachbarschaft und Selbstverwaltung als Organisationsprinzip für verschiedene Bewohnergruppen
- Mischung von wirtschaftlichem Wohneigentum, Sozialmietwohnungen und frei finanzierten Mietwohnungen in einem Gebäude und unter der Verwaltung einer Genossenschaft
- bezahlbare und langfristig preisgünstige ungeförderte Mietwohnungen im Neubau durch Mieterdarlehen und Akquise von Förderdarlehen
- Mitbestimmung bei der Planung des Gebäudes und der eigenen Wohnung für die zukünftigen BewohnerInnen (auch für die MieterInnen) eines Geschosswohnungsbaus
- rollstuhlgerechte Erschließung aller Stockwerke und aller Wohnungen
- Passivhausbauweise im Geschosswohnungsbau
2.7 Entwicklungsschritte
Wohnungsinitiative WohnSinn-2
bisher geleistet
- Gründung Ende 2003 von Menschen, die sich bis dahin überwiegend nicht kannten
- Workshop „Gemeinsam Wohnen“
- Defintion der Gruppenregeln (Stimmrecht) und Wahl eines Sprecherrats
- Erstellung eines Flyers zur Präsentation in der Öffentlichkeit und zur
Werbung
- Erarbeitung des zukünftigen Nachbarschaftskonzepts
- Erarbeitung von Anforderungen an das zukünftige Gebäude
- Feststellung und Analyse des Wohnbedarfs
- gruppendynamische Aktivitäten
nächste Schritte
- Workshop „Wo stehen wir jetzt? Was hat sich verändert?“
- Planung der Gemeinschaftseinrichtungen
- Koordination der Gemeinschaftseinrichtungen mit der Bewohnerschaft von
WohnSinn-1
- Konkrete Planung der sozialen Mischung, d.h. des Verhältnisses zwischen
Dauerwohnrechtswohnungen, Sozialwohnungen, frei finanzierte Mietwohnungen
- Aufstellung eines Zeitplans
- Aufstellung eines Finanzierungsplans
Grundstück
bisher geleistet
- informelle Zusage der Stadt Darmstadt für die Vergabe des gewünschten Grundstücks
im Baugebiet K6 in Darmstadt-Kranichstein in Erbpacht
nächste Schritte
- Gespräche mit der Stadt Darmstadt über die Weiterentwicklung des
WohnSinn-Projekts
Gebäude
bisher geleistet
- Erstellung einer Gebäudeskizze durch das Planungsbüro faktor10
nächste Schritte
- Konkretisierung der Planung nach den Vorgaben der Stadt Darmstadt und den
Vorstellungen der zukünftigen Bewohner
Finanzierung
bisher geleistet
- Aufstellung einer vorläufigen Kostenkalkulation durch das Planungsbüro
faktor10
nächste Schritte
- Gespräche mit der Stadt Darmstadt zur Finanzierung der Sozialwohnungen
- Individuelle Finanzierungsberatung für die zukünftigen Erwerber von
Dauerwohnrecht durch das Planungsbüro faktor10
- Entwicklung eines Finanzierungskonzepts für frei finanzierte Mietwohnungen
- Akquisition von Genossenschaftseinlagen, Mieterdarlehen und Gewinnung von
Investoren für zinsgünstige Förderdarlehen
- Gespräche mit den Banken der Genossenschaft über die Möglichkeiten der
Unterstützung des Projekts
2.8 Kosten und Finanzierung
Die Stadt Darmstadt hat informell zugesagt, das gewünschte Grundstück in Erbpacht an die Genossenschaft zu vergeben.
Die Erstellungskosten der Wohnungen betrugen im ersten Projekt je nach Größe und Ausstattung zwischen 1.600 und 1.800 EUR pro qm. Wegen der insgesamt zur Verfügung stehenden geringeren Wohnfläche und Preissteigerungen im Baubereich muss beim Projekt WohnSinn-2 mit Erstellungskosten von 1.700 bis 1.900 EUR pro qm Wohnfläche gerechnet werden. In diesen Kosten sind allerdings auch die Kosten für die Gemeinschaftsflächen enthalten.
Am Anfang wird es nicht möglich sein, Billigmieten für frei finanzierte Mietwohnungen zu erzielen. Da das Rhein-Main-Gebiet und insbesondere Darmstadt und Umgebung jedoch weiterhin Zuzugsgebiet ist, ist bereits für die nahe Zukunft mit Wohnungsknappheit und entsprechenden Mietsteigerungen zu rechnen. An diesen Steigerungen hat die Genossenschaft kein ökonomisches Interesse, so dass die Mieten mittel- bis langfristig unter Marktniveau liegen werden.
Durch die Passivhausbauweise entsteht außerdem im Vergleich zu traditioneller Bauweise eine weitgehende Unabhängigkeit von Energiepreisen. Diese und die Eigenleistungen der Bewohnerschaft bei der Hauserhaltung und -verwaltung werden außerdem die Betriebskosten für die Wohnungen und damit die Gesamtkosten für die Mieter niedrig halten.
Um die Erstellung der Mietwohnungen möglichst günstig zu gestalten, ist es erforderlich, ständig neue und intelligente Finanzierungsmodelle zu entwickeln .Neben den üblichen Wohnungsbaufördermitteln und Bankkrediten müssen verlorene Zuschüsse, zinslose und zinsgünstige Darlehen akquiriert werden. Beispiele dafür sind Mieterdarlehen, Förderdarlehen von privaten Investoren, die freiwillige Erhöhung der Genossenschaftseinlagen, private Bürgschaften u.a. In Kooperation mit Banken sind eventuell Möglichkeiten zu schaffen, mit denen jedeR SparerIn – nicht nur Genossenschaftsmitglieder – den genossenschaftlichen Wohnungsbau unterstützen kann.
Gute Erfahrungen hat die Genossenschaft beim ersten Projekt mit privaten Investoren gemacht und wird die bereits existierenden Kontakte entsprechend nutzen.
Für die Sozialwohnungen wird sich die Genossenschaft wie beim ersten Projekt um zinslose Kredite der öffentlichen Hand (Stadt Darmstadt und Land Hessen) bemühen. Für den erforderlichen Rest werden zinsgünstige Mittel aus Förderprogrammen für behindertengerechten Wohnungsbau und Energieeinsparung, zinsgünstige Kredite privater Förderer und die Genossenschaftspflichteinlagen in Anspruch genommen.
Die Erwerber der Dauerwohnrechte nach WEG müssen ihre Wohnungen zunächst individuell finanzieren. Durch eine Gruppenfinanzierung bei einer Bank sollen Synergieeffekte erzielt werden. Im übrigen können die üblichen Wohnungsbaufördermittel in Anspruch genommen werden wie z.B. KfW/CO2-Kredite und andere, die im Einzelfall passen.
3 Weitere Perspektive:
Quartiersentwicklung in Kooperation mit der Stadt Darmstadt
Das bestehende Wohnprojekt der Genossenschaft befindet sich im neuen Baugebiet „K6“ in Darmstadt-Kranichstein, dessen städtebauliches Konzept einem hinsichtlich der Stadtentwicklung fortschrittlichen Konzept folgt: Es wird ein Stadtteil mit hoher Wohnqualität, vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten und Funktionsmischungen angestrebt, die lebendig und veränderbar sind und wachsen können. Unterstützt wird dieses Ziel durch die autoarme Erschließung, den hervorragenden ÖPNV-Anschluss und die gute Erschließung für Fußgänger und Radfahrer. Die Stadt als Grundstückseigentümerin hat die Chance ergriffen, über die gezielte Vergabe der Grundstücke an Baugemeinschaften das Entstehen von innovativen, nachbarschaftsorientierten Wohnformen zu fördern. Die Wohnbebauung ist gemäß Bebauungsplan in einer Mischung aus Reihenhäusern und Geschosswohnungsbau vorgesehen.
Die Form des Geschosswohnungsbaues bietet die Möglichkeit, durch unterschiedliche Wohnungsgrößen, -zuschnitte und Eigentumsformen sowie die Unterbringung von Gemeinschaftsräumen auf unterschiedliche Lebensbedürfnisse und Einkommensverhältnisse einzugehen und bildet damit einen wichtigen Faktor für eine soziale Durchmischung des Quartiers. Außer der Genossenschaft WohnSinn e.G. haben sich allerdings bisher keine Baugemeinschaften gefunden, die bereit und in der Lage sind, Gebäude im Geschosswohnungsbau zu errichten. Aufgrund des großen Interesses am Projekt WohnSinn-1, das sich in zahlreichen Anfragen nach konkreten Wohnungen, Führungen, Informationsmaterial, Buch- und Tagungsbeiträgen äußert, ist aber davon auszugehen, das ein Bedarf nach solchen gemeinschaftlichen Wohnformen, die auf dem freien Markt nicht angeboten werden, besteht.
Die weitere Entwicklung des Quartiers in dieser Richtung wurde in Gesprächen zwischen dem Genossenschaftsvorstand und den städtischen Verantwortlichen bereits erörtert. Das Konzept der vielfältigen Bebauung möglichst durch Baugemeinschaften soll weiterverfolgt und gefördert werden. Gerade in den unterschiedlichen Formen des gemeinschaftlichen Wohnens liegen große Chancen, eine stabile soziale und altersmäßige Mischung im Quartier zu erreichen, die sich auch in Anbetracht der demographischen Entwicklung aufgrund ihrer vielfältigen Potentiale als zukunftsfähig erweist.
Es fehlt im Quartier allerdings eine Vermittlungsstelle für die Interessenten, die eine eigene Baugemeinschaft gründen wollen oder auf der Suche nach bestehenden Gruppen sind. Weiterhin benötigen die Gruppen Unterstützung bei der Konzeptfindung und Projektentwicklung. Dies könnte in Zusammenarbeit mit der Stadt durch ein „K6-Büro“ geschehen, in das wir unsere Erfahrungen mit Gruppenprozessen und der Realisierung von komplexen Bauvorhaben einbringen und sie an andere Bauwillige weitergeben. WohnSinn kann auf diese Weise im Quartier beratend, vermittelnd und moderierend tätig sein und sich selbst als Anschauungsbeispiel darstellen. Neuen Baugemeinschaften mit eigenen sozialen und organisatorischen Konzepten kann so geholfen werden, ihr Wohnprojekt in K6 zu realisieren und damit zu einer Belebung und Durchmischung des Quartiers beizutragen. Ferner können aus diesem Büro auch weitere Impulse für die Quartiersentwicklung hervorgehen, z.B. ein Stadtteilverein, der soziale und kulturelle Tätigkeiten bündelt.
Die Stadt hat in den Gesprächen Interesse und grundsätzliche Unterstützung für ein solches Vorhaben bereits bekundet.
Angedacht ist weiterhin eine Kooperation mit der Stadt Darmstadt und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft zur Erstellung eines altersgerechten Mietwohnungsbaus unter Einbezug von Elementen der Bewohnermitbestimmung und Förderung nachbarschaftlicher Beziehungen.
Text: Barbara Kienitz-Vollmer, Birgit Diesing, Kornelia Müller
Fotos und Layout: Margret W.-Simon
15. September 2004